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Verwalten und Bereitstellen von Marketing-Materialien in der Cloud

Quark stellt im 30sten Jahre seines Bestehens ein beeindruckendes, neues Produkt vor und setzt dabei wie Mitbewerber Adobe auf die Cloud.

Jürgen Franck Der Kampf um die Vorherrschaft im Publishing, um einen Spitzenplatz bei den so genannten Cloud-Lösungen (siehe Tabelle) ist eröffnet: Noch bevor Adobe in absehbarer Zeit sein vollständiges, als Adobe Creative Cloud bezeichnetes Konzept im Rahmen der Creative Suite 6 auf den Markt bringt, ist Konkurrent Quark vorgeprescht und hat Mitte Februar mit dem Quark Brand Manager eine Cloud-basierende Lösung vorgestellt.

Die Softwareschmiede, die vor 30 Jahren mit dem Layoutklassiker Quark­XPress die Druckvorstufe geprägt und nachhaltig verändert hat, zielt dabei jedoch nicht (direkt) auf den Layout-Platzhirsch InDesign, sondern bemüht sich strategisch geschickt um einen Punktsieg auf einem bisherigen Nebenschauplatz.

Marketingmaterialien «on demand»

Beim von Quark fokussierten Bereich Brand Management handelt es sich, schlägt man zum Beispiel bei Wikipedia nach, um die «ganzheitliche Führung von Marken und Markenunternehmen». Nun, der Quark Brand Manager kann dies nicht umfassend leisten; was die Software jedoch sehr gut kann, ist, die Brücke vom Brand Management in die Produktion von markenunterstützenden Werbemitteln zu schlagen. Im Fokus von Quark stehen daher weniger die Druckereien als die Industrie­unter­nehmen; weniger die Werber und Polygrafen als vielmehr die Marketer und Brand Manager in mittleren bis grösseren Unternehmen beziehungsweise Vertriebs- und Marketingteams. Die auch als die Brand Owner bezeichnete Zielgruppe erhält mit dem Quark Brand Manager ein einfach zu bedienendes Werkzeug, um primär Kommunikationsmittel (Prospekte, Flyer, Broschüren, individualisierte Produkte usw.) zu erstellen, zu adaptieren und zu verwalten. Und da die gedruckte Kommunikation nach wie vor den Löwenanteil der Markenkommunikation ausmacht, ist der Ansatz von Quark, sich hier zu positionieren, durchaus sinnvoll oder nachvollziehbar.

Markenunterstützung via Cloud

Quarks Cloud-basierende Lösung ermöglicht es den Marketingverantwortlichen und den Brand Managern, das Marketingmaterial mit einem einheitlichen Branding zu erstellen, regional anzupassen oder zu individualisieren und zu veröffentlichen. Vor allem international tätige Firmen, die ihre Niederlassungen auf mehrere Standorte verteilt haben, profitieren vom dezentralen Ansatz der Cloud und vielleicht auch vom integrierten Sicherheitskonzept von Cloud-Lösungen.

Konzeptionelle Ähnlichkeiten mit einem Redaktionssystem

Welche Gründe sollen nun die Markenverantwortlichen dazu veranlassen, eine solche Lösung ins Auge zu fassen? Will man diese komplexe Frage auf den Punkt bringen, dann wären hier wohl zuerst Kosteneinsparungen zu nennen. Es sind, etwas weiter gefasst, die gleichen Gründe, die Verlage zu Redaktionssystemen greifen lassen: Kontrolle über die Produktionsabläufe, Einsicht in die Produktionsfortschritte, Freigaben von Dokumenten, Versionenkontrolle – und damit letztlich die Verschlankung der Produktion. Schaut man sich das Konzept des Quark Brand Manager genauer an, fallen gewisse Ähnlichkeiten beim Produktionsablauf mit einem Redaktionssystem auf: Auch hier werden Vorschauen erzeugt, werden Status vergeben, spielen Anwenderrechte eine wichtige Rolle, können Abläufe organisiert werden …

Mieten statt kaufen: 62 Dollar pro Anwender und Monat

Die Argumente, die Quark für die Verwendung ihres Produkts in den Vordergrund stellt, sind vollmundig formuliert: Die Zeit zum Erstellen von Material mit einheitlichem Branding soll sich um bis zu 50 Prozent reduzieren, der Zeitaufwand, die externe Teams benötigen, um Kunden individuell angepasstes Material zu liefern, soll sich gar um bis zu 90 Prozent verringern lassen.

Dass sich Quark diesen Service bezahlen lässt, liegt auf der Hand. Etwas mehr als 60 Dollar verlangt Quark – pro Monat und Anwender und bei einem Mindestumfang von 40 Anwendern; die genauen Preise in Schweizerfranken liegen noch nicht vor. Dafür sind Unternehmen, die den Quark Brand Manager einsetzen, immer aktuell mit ihrer Software und sparen sich vor allem eine eigene, auf diese anspruchsvollen Bedürfnisse ausgerichtete IT-Infrastruktur.

Individualisieren in der Cloud

Kosteneinsparungen sind nicht die einzigen Vorteile einer Brand Management-Lösung. Nach Einschätzung von Matthias Gilke, Senior Marketing Manager bei Quark in Hamburg, haben Marketer längst die Vorteile einer dezentralen Produktion für sich erkannt: «Da Marketingabteilungen zunehmend die Kontrolle über gesonderte IT-Budgets erhalten, werden effiziente und kostengünstige globale Cloud-basierte Lösungen wie unser Quark Brand Manager zu wichtigen Ressourcen. In Zukunft werden dadurch die Marketing- und Vertriebs­teams immer mehr selbst entscheiden, welche Lösungen sie für eine Prozessoptimierung – in diesem Fall die Erstellung von Marketingmaterial mit einheitlichem Branding – einsetzen.»

Ein weiterer Grund, der gemäss Gilke für den Einsatz einer Brand Management-Lösung spricht, sind sich schnell verändernde Märkte und Regionen: «Neben einem weltweit einheitlichen Erscheinungsbild sind die Kommunikationswege sehr oft ein Problem. Freigaben und Versionskontrolle werden zu zeitkritischen Prozessen. Hier sind Cloud-basierende Lösungen prädestiniert.»

Oberfläche nach eigenem Gusto

Basis eines Quark Brand Manager Workflows ist ein mit QuarkXPress erstelltes Layoutdokument, das als Template dient. Adobe InDesign-Dokumente oder -vorlagen können nach einer Umwandlung mit der QuarkXPress-Erweiterung ID2Q von Markzware ebenfalls übernommen und so indirekt in den Produktionsablauf integriert werden. Diese Vorlage wird in die teilweise flash-basierende Quark-Brand-Manager-Umgebung übertragen, die ihrerseits Microsoft Azure als Cloud-Plattform verwendet. Bevor ein Template den eigentlichen Anwendern zur Verfügung gestellt wird, kann es zunächst einen automatisierten Korrektur- und Freigabeprozess durchlaufen. Mit einem Zusatz-Werzeug gibt der zuständige Art Director beispielsweise Anweisungen, was im Template noch verändert werden soll, bevor es online geht. Wird das Template freigegeben, steht es ab diesem Moment für die Personalisierung und weitere Anpassungen dezentral zur Verfügung.

Die Benutzeroberfläche von Quark Brand Manager selbst kann noch individualisiert und damit an die Kundenbedürfnisse angepasst werden. Auch sind Sonderanpassungen wie die Integration in die kundeneigene Drucklogistik möglich. Wer diese Anpassungen letztlich umsetzt, ist derzeit aber noch entweder offen oder unklar; für Installation, Verkauf und Vertrieb des Quark Brand Manager ist in der Schweiz derzeit jedenfalls noch kein Vertriebspartner bestimmt – die komplette Abwicklung erfolgt über die Niederlassung von Quark in Hamburg.

Web-2-Print inklusive

In den USA geht Quark mit ihrem Brand Manager noch einen Schritt weiter. Die Anwender können sich optional die Drucksachen gleich von Druckereien liefern lassen, die mit Quark Partnerschaften eingegangen sind (Quark spricht von einem nationalen Druckereinetzwerk für die Erstellung hochwertiger Druckerzeugnisse zum niedrigsten möglichen Preis sowie mit Abholung vor Ort). Ob und wann Quark auch Partnerschaften mit Druckereien in der Schweiz oder in Europa anbieten will, bleibt noch offen. Dieses Web-to-Print-Angebot soll gemäss Angaben von Quark weiterentwickelt und ausgebaut werden.

Im Fokus stehen auf der technischen Seite das dynamische Erstellen von Inseraten oder das Personalisieren von Dokumenten für den Digitaldruck.Geplant ist auch, mit dem Brand Manager zukünftig andere Medienkanäle zu erschliessen.

Quark Brand Manager: SaaS auf Azure …

Was sich kompliziert anhört, ist schnell entschlüsselt. SaaS ist die Abkürzung für Software as a Service; das heisst nichts anderes, als dass ein Programm/eine Software bei diesem Modell nicht mehr «klassisch» auf dem Rechner betrieben wird, sondern dass die Softwarefunktionalität als eine Dienstleistung bereitgestellt wird. Damit aber eine Firma wie Quark einen solchen ­Service betreiben und anbieten kann, ist das entsprechende Gegenstück – quasi die Serviceplattform – notwendig, die diese Funktionalitäten vorhält. Und hier kommt der zweite Begriff ins Spiel: Microsoft hat mit Azure bereits 2010 ein Cloud-Betriebssystem entwickelt – das wäre das Gegenstück be-ziehungsweise die Plattform as a Service – kurz PaaS.

www.quarkbrandmanager.com

www.microsoft.com/de-de/azure

Die wichtigsten Begriffe rund um die Cloud

Definition
Cloud Computing mehrere Computer werden von einem Anbieter (Hoster) zu einer virtuellen «Rechnerwolke», einem verteilten Rechnerverbund, zusammengefasst.
Cloud Services nutzen eine Cloud-Computing-Lösung, um bestimmte Dienstleistungen (Services) anzubieten;
möglich sind die Anmietung von Anwendungen, Datenbanken oder von Speicherplatz (Dropbox, SugarSync, Wuala).
Nutzung Cloud-Services können in verschiedenen Modellen gemietet werden: auf Stunden-, Tages- oder Monatsbasis sowie auf Basis festgelegter Datenvolumen.
Integrierte Cloud Services Google, Microsoft und auch Apple bieten zum Teil kostenfreie Cloud-Services für Privatanwender an.

Zum Autor

Der gelernte Schrifsetzter Jürgen Franck verfolgt seit vielen Jahren und mit sehr grossem Interesse die Entwicklungen rund um das «Digital Publishing». Der Autor ist hauptberuflich als Lehrperson an der Berufsschule für Gestaltung Zürich in der Grund- und Weiter­bildung tätig.